Pro­jek­tver­ant­wortlich­er: Dr. Tobias Delfs
Pro­jek­t­sta­tus: laufend

Mein Habil­i­ta­tion­spro­jekt behan­delt die Par­tizipa­tion deutsch­er und deutschsprachiger Botaniker an der impe­ri­alen Durch­dringung des indis­chen Sub­kon­ti­nents im 19. Jahrhun­dert über die Gener­ierung von Wis­sen und impe­ri­ale Umwelt­diskurse. Der Unter­suchungszeitraum umfasst die Zeit zwis­chen dem Wiener Kongress und dem Beginn des deutschen Kolo­nial­is­mus in den 1870er Jahren. Dabei han­delte es sich um eine Zeit, in der die deutschen Staat­en noch ohne deutschen Ein­heitsstaat und ohne eigene Kolonien waren. Den­noch beteiligten sich auch zu dieser Zeit schon deutschsprachige Botaniker und Natur­forsch­er am empire of knowl­edge, prof­i­tierten von dessen Samm­lun­gen und dem inter­na­tionalen Aus­tausch, tru­gen mit eige­nen Kollek­tio­nen dazu bei, kreierten oder förderten, bewusst oder unbe­wusst, mit ihrer Exper­tise und ihren Klas­si­fizierun­gen das kolo­niale Ökosys­tem­man­age­ment und damit let­ztlich auch die Aus­beu­tung der Umwelt. Bei den betr­e­f­fend­en Akteuren kon­nte es sich sowohl um vor Ort sam­mel­nde Ama­teure wie auch um im deutschen Raum sesshafte Forsch­er han­deln. Uni­ver­sität­spro­fes­soren par­tizip­ierten genau­so wie Mis­sion­are, Ärzte, Apothek­er oder Forschungsreisende. 

Das Pro­jekt geht fol­gen­den Fra­gen nach: 1.) Welche Akteure und welche Insti­tu­tio­nen waren über­haupt und auf welche Weise beteiligt? Neben den Botanikern selb­st spiel­ten zum Beispiel auch die Botanis­chen Gärten und die Wis­senschafts­ge­sellschaften als Schnittstellen im botanis­chen Net­zw­erk eine große Rolle, beson­ders indem sie den nationalen und inter­na­tionalen Aus­tausch förderten, Preise und Ehrun­gen ver­gaben, Kar­ri­eren beförderten, Forschun­gen finanzierten oder Instruk­tio­nen ver­fassten. 2.) Gab es poli­tis­che oder kolo­nial­herrschaftliche Inter­essen in der Poli­tik im deutschsprachi­gen Raum? Hat­ten solche Inter­essen Auswirkun­gen auf die Pflanzenkunde? Auch bei diesen Fra­gen geht es beispiel­sweise um die Finanzierung von Forschun­gen und die Auf­tragge­ber. 3.) Wie gestal­tete sich die Natur­forschung im deutschsprachi­gen Raum und ihr Ver­hält­nis zu den Kolo­nialmächt­en? Gab es direk­te Kon­tak­te? Hinzu kom­men 4.) sozialgeschichtliche Fra­gen nach den tra­gen­den Grup­pen und Schicht­en vor allem unter den deutschen botanis­chen Zulief­er­ern in Indi­en, deren Herkun­ft, Inter­essen­la­gen und Moti­va­tio­nen. Wer unter­stützte sie vor Ort? Und schließlich 5.): Existierte inner­halb der Botanik ein deutsches Net­zw­erk oder über­wog die inter­na­tionale Zusam­me­nar­beit? Wie funk­tion­ierte das Net­zw­erk in der Prax­is? Zu unter­suchen ist dies­bezüglich etwa Südafri­ka als zen­traler Knoten­punkt für den Aus­tausch zwis­chen Indi­en und Europa.